Adressbuch migration.

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donald
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#41

Beitrag von donald »

mac-christian hat geschrieben: Fr 8. Apr 2022, 21:53
Swissorion hat geschrieben: Fr 8. Apr 2022, 20:49 Rumantsch, müsste Pflichtsprache sein in der Schweiz.
Zumal es die einzige Sprache der Schweiz ist, bei der sie nicht von einem anderen Land "abhängig" ist... es ist die einzige wirklich schweizerische Sprache. …
Was bezeichnest du denn dann als die Schweiz?

Soweit ich weiß, hat Rumantsch seine Wurzeln in einem lateinischen oder etruskischen Dialekt, der mit römischen oder etruskischen Einwanderern entstand. Man will sich halt verständigen mit dem Gegenüber.

Sprache ist ja älter als die Erfindung der Nationen oder Länder. Wie genau es sich heute im Italienischen oder Französischen verhält kann ich nicht sagen, Wilhelm I. der Eroberer / William the Conqueror / Williame II / Guillaume le Conquérant jedenfalls brachte auch nur nominell Franzosen nach England – angekommen verstanden sie sich als sehr unterschiedlicher Herkunft und Sprache und la France war ihnen ziemlich schnuppe.
Die deutsche Hochsprache ist eine ziemlich neue Erfindung zum Zwecke der möglichst barrierefreien Verständigung über Regionen hinweg. Was und wie tatsächlich und täglich regional gesprochen wird, hat damit oft wenig zu tun. Das Alemannische kümmert sich wenig um Staatsgrenzen, in Tirol, Südtirol und nebenan in der Schweiz fand ich ohne etwas zu verstehen den Klang sehr ähnlich. Verschiedene niederdeutsche Dialekte ähneln dem, was nebenan in Dänemark oder NL gesprochen wird, wo die jeweiligen Hoch- oder Amtssprachen damit auch nur mehr oder weniger Ähnlichkeit haben. Bayern, Friesen, Ripuaren und Sachsen könnten sich untereinander nicht verständigen ohne zumindest standarddeutsche Vokabeln zu nutzen, und gesprochenes Schweizerdeutsch ist auch ein eigenes Ding.
In meiner Familie wurden von den Alten noch ein ostdeutscher Dialekt gesprochen, eine Mixtur aus altem Niederdeutsch mit schwedisch-dänischen Einsprengseln und einigen Idiomen, die an Angelsächsisch erinnerten, verziert von slawischen Sahnehäubchen. Hat was mit der Geschichte der Migration im Mittelalter zu tun und ist ausgestorben, weil es nicht mehr gebraucht wird. Meine Mutter (87) erzählte mir, dass sie in der Schule Deutsch wie eine neue Sprache lernte, im Dorf und in der Familie sprach man anders.

Erhalten sollte man die alten Sprachen und Dialekte, das finde ich auch, aber mit der Abhängigkeit von Anderen haben die Amtssprachen nur in ehemaligen Kolonien, wie Französisch oder Englisch in Afrika zu tun. Das war die Schweiz ja nicht, ganz im Gegenteil, außer zu Cäsars Besatzung. Wieviele Versionen von Keltisch, Venetisch, Helvetisch oder was noch es dort vorher gab, weiß kein Mensch mehr. Schade eigentlich.

Vorsichtig sollte man sein, wenn eine Sprache plötzlich unerwünscht ist, aktuell zu beobachten in der Ukraine.
https://www.nzz.ch/international/wenn-d ... ld.1320975
Es würde alles besser gehen, wenn man mehr ginge. Sich tragen lassen zeugt von Ohnmacht, gehen von Kraft.
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mac-christian
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#42

Beitrag von mac-christian »

donald hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 08:21Was bezeichnest du denn dann als die Schweiz?
Das Land in seinen heutigen Grenzen, das sich offiziell "Schweizerische Eidgenossenschaft" nennt.

und für die französische Sprache ist m.W. die Académie Française zuständig, für die deutsche Sprache Duden, bei der italienischen Sprache weiss ich es nicht. Das bezeichnete ich als "abhängig vom Ausland".

Und es wäre für isolationistische Kräfte (von denen es in der Schweiz leider genug gibt, wie du vielleicht weisst) auch ein Thema - bloss gut, dass sie es noch nicht für sich entdeckt haben...
donald hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 08:21Die deutsche Hochsprache ist eine ziemlich neue Erfindung zum Zwecke der möglichst barrierefreien Verständigung über Regionen hinweg.

Ich behaupte immer, ohne Martin Luther gäbe es bis heute keine einheitliche deutsche Sprache. Aber da ich nur ein "Hobby-Linguist" bin (wenn überhaupt), könnte das auch falsch sein...
donald hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 08:21In meiner Familie wurden von den Alten noch ein ostdeutscher Dialekt gesprochen, eine Mixtur aus altem Niederdeutsch mit schwedisch-dänischen Einsprengseln und einigen Idiomen, die an Angelsächsisch erinnerten, verziert von slawischen Sahnehäubchen.

Ich liebe diese blimige Ausdrucksweise!
donald hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 08:21Meine Mutter (87) erzählte mir, dass sie in der Schule Deutsch wie eine neue Sprache lernte, im Dorf und in der Familie sprach man anders.
Kenne ich. War bei mir (mit umgekehrten Vorzeichen) genau so.

Zwei meiner Kusinen (eine davon weisst du wo sie wohnt!) gingen in polnische Schulen und mussten dann, als "Spät-Aussiedler" oder wie man das nannte, deutsch lernen.

Migration gibts also immer noch.
donald hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 08:21Vorsichtig sollte man sein, wenn eine Sprache plötzlich unerwünscht ist, aktuell zu beobachten in der Ukraine.
https://www.nzz.ch/international/wenn-d ... ld.1320975
Völlig einverstanden. Erinnert mich an ein Schul-Areal in Ghana. Da war auf dem Boden eine Linie aufgemalt mit der Bemerkung "English only beyond this line!". Gmäss Wikipedia gibts in Ghana 79 verschiedene Sprachen...
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donald
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#43

Beitrag von donald »

mac-christian hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 09:52 Das Land in seinen heutigen Grenzen, das sich offiziell "Schweizerische Eidgenossenschaft" nennt.

und für die französische Sprache ist m.W. die Académie Française zuständig, für die deutsche Sprache Duden, bei der italienischen Sprache weiss ich es nicht. Das bezeichnete ich als "abhängig vom Ausland".

Und es wäre für isolationistische Kräfte (von denen es in der Schweiz leider genug gibt, wie du vielleicht weisst) auch ein Thema - bloss gut, dass sie es noch nicht für sich entdeckt haben...
Naja, da sind doch die jeweiligen Sprachspezialisten am Werk, das finde ich schon gut. Passt zur Schweiz, mehr Föderalismus geht ja kaum.
mac-christian hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 09:52 Ich behaupte immer, ohne Martin Luther gäbe es bis heute keine einheitliche deutsche Sprache. Aber da ich nur ein "Hobby-Linguist" bin (wenn überhaupt), könnte das auch falsch sein...
Im Prinzip ja, aber das bezog sich auf das, was man glaubenstechnisch las, wenn man lutherisch war. Ich behaupte darüber hinaus, dass das geschriebene Einfachsächsisch in manchen Landstrichen immer noch nicht verstanden wurde. Ich hab mich mal an der Originalfassung versucht – naja. In katholischen Kreisen war die Lutherbibel bis ins letzte Jahrhundert noch bäh. In der Kirche verstand man nix vom Latein von der Kanzel (selber noch erlebt, als ich wegen der interessanteren Show lieber zum katholischen Schulgottesdienst ging, bei uns Evangelen war ich frühmorgens eingepennt), und Amtssprachen waren auch nach Luther in weiten Flächen des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation noch abhängig vom jeweiligen Fürsten. Später aus bekannten Gründen gern mal Frongzeusisch. Deutsch als Amtssprache für alle ist ziemlich neu. Wurde aber häufig ersetzt durch Beamtendeutsch, das versteht auch kaum wer.
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MacLefty
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#44

Beitrag von MacLefty »

Ich könnt' Euch stundenlang zulesen !
Aber Ihr seid sicher gleich durch, wa ?
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kate
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#45

Beitrag von kate »

Was sollen die Leute hier sagen? Man spricht Französisch, Flämisch ( Niederländisch ) und Deutsch. Und jede Menge Dialekte. Es gibt keine Belgische Sprache. Und man fetzt sich täglich über jeden denkbaren Kleinscheiss und trägt derart die Rachefeldzüge zwischen den Sprachen von vor hundert Jahren aus, als die Wallonen noch die dominate Fraktion waren und den flämischen Landesteil sowohl mit Verachtung, als auch mit Ungerechtigkeit unterdrückten. Heute ist es eher umgedreht und bekanntlich sind ehemalige reiche, dominante Kreise ganz besonders traurig und aggressiv, wenn sich die Verhältnisse ändern und man bekommt was man gesät hat.

Natürlich ist Deutsch in der Rangliste eher ganz unten. Alte Ressentiments gibt's auch noch. Schlimm wird es wenn amtliche Formulare als Waffe in diesem Kampf eingesetzt werden. Aber: Wenn mich der Polizist nachts auf der Strasse anhält, um nach flüchtigen Dieben zu suchen, und als erstes fragt in welcher Sprache er mich ansprechen darf muss ich sagen, dass mir das besser gefällt als in Italien wo mir der Carabinieri einfach die Mündung seiner Maschinenpistole ins Gesicht hielt.

In felix Austria undenkbar! Ich wollte fragen wo die nächste Tanke ist und der Mensch mit der Uniform tippte an seine Mütze und wies mit der Hand auf eine Leuchtreklame und er murmelte dass man da Koffääää kriegen täte.
Ich frage mich immer noch gelegentlich warum mich die Italiener nicht leiden können. :D
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donald
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#46

Beitrag von donald »

Welche Italiener? Mich deucht, da gibt es ein paar Unterschiede. :party:
Es würde alles besser gehen, wenn man mehr ginge. Sich tragen lassen zeugt von Ohnmacht, gehen von Kraft.
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kate
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#47

Beitrag von kate »

donald hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 17:38 Welche Italiener? Mich deucht, da gibt es ein paar Unterschiede. :party:
Oha! Jede Menge! Wenn ich an Turin denke kommen mir nur nette Menschen in den Sinn. Aber die hatten keine Schiesseisen. Vielleicht lag's daran? Ich hab' schon vermutet, dass ich ein resting Bitch-Face habe, von dem sich Carabinieri provoziert fühlen? Jedenfalls sind die Burschen bisher ohne Ausnahme auffällig uncharmant gewesen.
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obmat
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#48

Beitrag von obmat »

Im Süden gibts klassischerweise das Phänomen des good and the bad cop; von ESP bis GR...

das hat auch mit einigen freieren Auslegungen und Betrachtungen zum und mit dem Leben zu tun.
Genau dies schafft wiederum eine eigene Kaste, den bad cop, der seine eigenen Gesetze und Hierarchiestufen hat und der gelegentlich als Bulldogge in der Verkleidung eines Polizisten daher kommt. Auch als Hundekenner ist mit denen nicht zu spassen und als Stoiker lebt sich wennauch schlecht, so doch am besten mit ihnen! Sie holen sich ihre Existenzberechtigung daraus, im Staat Ordnung zu schaffen. * 1

Ich weiss ja nicht, was du denen erzählst... :roll:

Mit dem Dorfpolizisten hat niemand troubles, der will ja auch abends mit Freunden in der Taverne hocken, während die Bulldoggen bestimmte Quartiere und Dörfer und Beizen meiden. Seepolizei und zB in Italien Guarda di Finanza gehören eindeutig zu dieser Kategorie, ebenso die Mafia-jäger.

***
*1 in GR zb verpassen es Leute gelegentlich, die Steuern für Grundstücke, oder Fahrzeuge, oder Häuser zu zahlen, aus welchem Grund auch immer. Bei uns würde der Staat mahnen, betreiben oder das Fahrzeug konfiszieren, etc. Läuft dort nicht, wenn jemand etwas davon verkaufen will, muss er zunächst zum Steueramt, und die Bescheinigung der bezahlten Steuern abholen, sonst ist nix mit Verkauf....
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Stromer
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#49

Beitrag von Stromer »

kate hat geschrieben: Sa 9. Apr 2022, 17:07 In felix Austria undenkbar!
Täusch dich da mal nicht:

Mein Vater und ich wurden 1983 auf einer Kreuzung am Stadtrand von Dornbirn mal unmissverständlich von zwei schwer bewaffneten Gendarmeriebeamten angehalten. Der eine fuchtelte mit der Kelle in der linken Hand, während er sein rechte an der im Halfter steckenden Pistole hatte. 5 Meter schräg hinter ihm stand ein weiterer Gendarm von der Cobra* mit dem Sturmgewehr im Anschlag und dem langen Finger am Abzug (hoffe ich) und beobachtete das Geschehen mir Argusaugen.
Der erste Gendarm schrie uns - als wir zum Stillstand gekommen waren - aus drei Metern an:"Die Helme runter!"
Diesem unmissverständlichen Befehl leistete ich schon aus dem Grund, dass ich ordentlich Schiss hatte sofortige Folge, nicht nur, weil auch mein Vater vorne das tat. Da kam alsogleich die Entwarnung, als der normale Gendarm ohne sich umzudrehen zum Cobra-Beamten rief:"Das sind sie nicht, der Beifahrer ist ja noch ein Junge!"
Also die Situation also deeskaliert war traute sich mein Vater auch zu fragen:"Wer sind wir nicht?"
Der Gendarm teilte uns dann sichtlich beruhigt mit, dass dies eine Alarmfahndung sei und vor einigen Minuten in der Stadt gerade eine Bank von zwei Bewaffneten Männern überfallen worden war, die dann auf einem Motorrad abgehauen sind.
Der Cobra-Beamte hat während der gesamten Amtshandlung kein Wort von sich gegeben und stand, als uns der Gendarm weiter fahren lies mit vor dem Körper schräg nach unten gehaltenem Sturmgewehr immer noch am selben Ort.

*Die Cobra ist das österreichische Spezialeinsatzkommando. Die Herren fackeln nicht lange. Die Cobra ist nach wie vor die einzige Antiterroreinheit der Welt, die eine Flugzeugentführung noch in der Luft beendet hat.
"Verbrennt die Hexe!"
"Ich bin Informatikerin!"
"Formatiert sie!"
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