Wie menschliche Software Gesichtsfelddefekte kompensiert

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Pablito
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Wie menschliche Software Gesichtsfelddefekte kompensiert

#1

Beitrag von Pablito »

Hallo Leute,

ich schreibe das mal ganz bewußt hier auf das Software-Brett, auch wenn es sich um körpereigene Software handelt.
Ich selbst habe große Gesichtsfeldausfälle, was bedeutet, daß in bestimmten Bereichen die Sehnerven abgestorben sind. Vergleichbar mit einem Solarpanel. wo größere Flächen an LED tot sind. Eigentlich müßten mir diese Bereiche ja schwarz angezeigt werden. Mein Gehirn gaukelt mir aber ein ganzes intaktes Bild vor, was m.E. nur bedeuten kann, daß die Fehlstellen aus dem "Augen-Cache" ergänzt werden.
Das Problem, das ich immer wieder erlebe, ist, daß ich Dinge, die direkt vor mir liegen, oft einfach nicht sehe. Zum Beispiel hatte ich meine Gartenschere verlegt. Trotz mehrfacher Suche an allen Stellen, wo sie hätte sein können, konnte ich sie nicht entdecken. Als ich mir dann Hilfe beim Suchen geholt hatte, wurde sie an genau der Stelle entdeckt, wo ich sie vermutet hatte, gefunden. Ich stand genau davor und sie war unsichtbar! :shock:
Ein anderes Mal habe ich mit dem Auto eine massive rot-weiße Absperrung umgefahren, die wegen einer Straßensperrung anläßlich einer Veranstaltung auf der Straße aufgestellt worden war! Und vor einiger Zeit tauchte auf einer Landstraße wie aus dem Nichts vor mir ein Radfahrer auf. Ich hätte ihn schon aus größerer Distanz bemerken müssen. Er erschien, wie wenn er ganz plötzlich eingeblendet worden wäre in das Bild, was ich gesehen habe. Ich konnte gerade noch bremsen. Ich konnte mir das nicht erklären. Aber daß ich Dinge trotz intensiver Suche einfach nicht entdecken kann, während jemand Anderes das Teil sofort hat, das ist Alltag.
Im Internet habe ich leider keine Info dazu gefunden, aber ich nehme stark an, daß es mit Gesichtsfeldausfällen und deren "Reparatur" durch die körpereigene Software zu tun hat. Das hieße, daß ich dem, was ich sehe, nur noch sehr begrenzt vertrauen kann. Meine Wahrnehmung wird ganz offensichtlich manipuliert, so wie es z.B. Photoshop möglich ist.
Kann hier jemand etwas Kompetentes (!) dazu sagen?
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Rotweinfreund
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#2

Beitrag von Rotweinfreund »

Selbstverständlich kann hier jeder etwas Kompetentes dazu sagen! No Problem.

Hey, Pablito, alles noch gut? :cool:

Aber dein Beispiel mit der Gartenschere ist interessant! Was wäre, wenn du von dem vermuteten Platz (der ja auch in Wahrheit der wirkliche Ort lt. Aussage war) ein Foto machst und dieses dann betrachtest?
Überhaupt solltest du bei Verdacht von "unvollständigen"Arealen mal mit Fotos arbeiten, gäbe das eine andere, neue "Erkenntnisebene"?
Ich fände das spannend, kann mich aber natürlich nicht in deine konkrete Befindlichkeit hineinversetzen.
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Pablito
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#3

Beitrag von Pablito »

Rotweinfreund hat geschrieben: Do 20. Jul 2023, 22:47 .... Was wäre, wenn du von dem vermuteten Platz (der ja auch in Wahrheit der wirkliche Ort lt. Aussage war) ein Foto machst und dieses dann betrachtest?
....
Auf die Idee bin ich nicht gekommen! Das merk' ich mir mal. :)
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obmat
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#4

Beitrag von obmat »

Das räumliche Bild, das du siehst, ist aus 2 einzelnen Augen (Optiken) zusammengesetzt, dies findet im Hirn statt.
Es gibt Menschen, die können mit Kontaktlinsen korrigierte Bilder besser im Hirn "zusammensetzen" als andere; unabhängig von der Sehschwäche.

Es ist also durchaus möglich, dass Menschen mit Korrektur von 3 Dioptrinen die beiden Bilder nicht zusammenbekommen, während dies Menschen mit 8, oder so Dioptrinen gelingt.
Welche Sehkorrekturen hast du?
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Pablito
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#5

Beitrag von Pablito »

Was mich am meisten interessiert:
Gibt es Erkenntnisse darüber, wie es möglich ist, daß ich die definitiv toten Bereiche im Gesichtsfeld so angezeigt bekomme, als wäre alles ok? Das macht es ja so gefährlich!
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Pablito
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#6

Beitrag von Pablito »

obmat hat geschrieben: Do 20. Jul 2023, 22:55 Das räumliche Bild, das du siehst, ist aus 2 einzelnen Augen (Optiken) zusammengesetzt, dies findet im Hirn statt.
Es gibt Menschen, die können mit Kontaktlinsen korrigierte Bilder besser im Hirn "zusammensetzen" als andere; unabhängig von der Sehschwäche.

Es ist also durchaus möglich, dass Menschen mit Korrektur von 3 Dioptrinen die beiden Bilder nicht zusammenbekommen, während dies Menschen mit 8, oder so Dioptrinen gelingt.
Welche Sehkorrekturen hast du?
Ich habe überhaupt kein räumliches Sehen mehr, denn ich bin auf einem Auge blind.
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Rotweinfreund
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#7

Beitrag von Rotweinfreund »

Hmm, das solltest du besser einen Neurologen fragen. Man hört immer wieder, dass durch Training bzw. (unendliche) Wiederholung Nervenarreale stimuliert oder gar neu konditioniert werden können. Aber du bist schon alt –ja, ich kann mir das erlauben zu sagen, da gleiche Generation– und da ist Regeneration an viele äußere Parameter gekoppelt.
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Pablito
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#8

Beitrag von Pablito »

Sehnerven, die einmal abgestorben sind, lassen sich nicht mehr herstellen. Vielleicht irgendwann via Genmanipulation.
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Macmacfriend
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#9

Beitrag von Macmacfriend »

Zu deiner Frage: Das menschliche Gehirn ist sehr anpassungsfähig. Durch Umstrukturierung und Reorganisation kann es darum vermutlich visuelle Informationen aus intakten Bereichen des Gesichtsfeldes verstärken, um so Gesichtsfeldausfälle zu kompensieren, also quasi eine natürliche Bild-KI. Zumindest scheint dies dein Beispiel zu belegen. Mal schauen, was der spock dazu meint.

Btw: Aufgrund deiner Schilderungen, z. B. die Geschichte mit dem Radfahrer, würde ich meine Suche nach einem eigenen Gefährt einstellen und mir für Fahrten zum Arzt und Einkaufen Alternativen überlegen (Taxi, Fahrdienst, Nachbarschaftshilfe o. a.). Bei derartigen Gesichtsfeldausfällen ist ein Unfall nur eine Frage der Zeit.
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p.i.t.
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#10

Beitrag von p.i.t. »

Gibt es einen Namen für diese Gesichtsfeldausfälle? Sind diese Felder immer an der gleichen Stelle? Also zB immer in der Mitte deines Sehfelds – und rundherum siehst du alles klar?
Ich weiss von einem Bekannten, der Makuladegeneration hat, dass gewisse Bereiche im Sehfeld immer unschärfer werden, wie eine wachsende graue Insel... Bei ihm betrifft es tatsächlich genau den zentralen Bereich des Sehfelds. Rundherum sieht er noch einigermassen gut.
Er hat angefangen, Augenakupunktur zu machen (und nein, mein sticht nicht in die Augen ;-)), das hat den Prozess verlangsamt.
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Pablito
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#11

Beitrag von Pablito »

p.i.t. hat geschrieben: Fr 21. Jul 2023, 14:11 Gibt es einen Namen für diese Gesichtsfeldausfälle? ....
Skotom. Die Ursache ist ein Glaukom, im Volksmund Grüner Star genannt. Bei mir ist es ein Normaldruckglaukom. Hauptursache scheint eine mangelhafte Durchblutung des Sehnervs zu sein. Unheilbar.
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#12

Beitrag von Rotweinfreund »

Gesichtsfeldausfall wird als Skotum bezeichnet.
Sehr ernstzunehmende Sache!
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p.i.t.
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#13

Beitrag von p.i.t. »

Pablito hat geschrieben: Fr 21. Jul 2023, 14:30
p.i.t. hat geschrieben: Fr 21. Jul 2023, 14:11 Gibt es einen Namen für diese Gesichtsfeldausfälle? ....
Skotom. Die Ursache ist ein Glaukom, im Volksmund Grüner Star genannt. Bei mir ist es ein Normaldruckglaukom. Hauptursache scheint eine mangelhafte Durchblutung des Sehnervs zu sein. Unheilbar.
Vielleicht wäre das trotzdem ein Versuch Wert:

https://boel-akupunktur.com/de/glaukom- ... ehandlung/

http://www.gesundheits-lexikon.com/Ther ... den%20kann.
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MassMover
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#14

Beitrag von MassMover »

Ich habe die These, dass unser Gehirn generell in der Lage ist, "Datenreduktion" zu betreiben. Z.B. denke ich, mein Gehirn weiß, wie meine Kühlschranktür aussieht, und was da für Kühlschrankmagneten dran sind. Es muss, wenn die Information "MassMovers Blick streift den Kühlschrank" eintrifft, gar nicht die gesamte Bandbreite des Sehnervs abfragen, sondern bedient sich einer Art Cache. Wenn da jemand einen Magneten ausgetauscht hätte, würde mir das nicht auffallen. Nur bei intensiverer Betrachtung würde das Gehirn registrieren, dass ich da genauer schauen will, und den "Cache neu laden".

Jedes Auge hat ja den "blinden Fleck" - die Stelle, an der der Sehnerv ankommt, so dass dort keine Sehzellen liegen können. Das Gehirn ergänzt dort zum Umfeld passendes Material. Ich kann mir gut vorstellen, dass bei zunehmender Gesichtsfeldzunahme das Gehirn ähnlich vorgeht, und mit zunehmendem Alter liegt auch genug Material im Cache, so dass das "errechnete" Bild plausibel erscheint.

Ich bin mir sicher, die Neurologen arbeiten an der Erforschung solcher Gehirnleistungen.

Ich stimme ansonsten MMF zu: Die Geschichte mit dem Radfahrer sollte dir doch völlig klar machen, dass normales Autofahren für dich tabu sein sollte.
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Pablito
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#15

Beitrag von Pablito »

Würde mich ja mal interessieren, ob man den Cache mal irgendwie löschen könnte oder wie er von selbst reduziert wird.
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Atarimaster
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#16

Beitrag von Atarimaster »

Was soll das bringen?
Ich habe keine Ahnung, aber davon jede Menge.
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Pablito
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#17

Beitrag von Pablito »

Atarimaster hat geschrieben: So 23. Jul 2023, 00:44 Was soll das bringen?
Du weißt doch sicher, was das Löschen eines Cache bezweckt, oder?
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#18

Beitrag von Macmacfriend »

MassMover hat geschrieben: Sa 22. Jul 2023, 18:51 Ich habe die These, dass unser Gehirn generell in der Lage ist, "Datenreduktion" zu betreiben. Z.B. denke ich, mein Gehirn weiß, wie meine Kühlschranktür aussieht, und was da für Kühlschrankmagneten dran sind. Es muss, wenn die Information "MassMovers Blick streift den Kühlschrank" eintrifft, gar nicht die gesamte Bandbreite des Sehnervs abfragen, sondern bedient sich einer Art Cache.
Dieser von dir angenommene Cache müsste, um zu funktionieren, ein fotografisches Gedächtnis umfassen. Ein solches besitzen allerdings nur sehr wenige Menschen wie z. B. der Savant Steven Wiltshire.

Allerdings ist nicht auszuschließen, dass alle Menschen einen solchen Cache besitzen, jedoch nur die wenigsten – der Grund ist noch unbekannt – diesen anzuzapfen vermögen.

In diesem Cache könnten sich übrigens noch weit mehr Erinnerungen befinden, z. B. solche an das gesamte Leben (Hyperthymesie). So können sich einige wenige Menschen wie bspw. der Savant Orlando Serrell – in seinem Fall nach einem Kopftreffer mit einem Baseball als Zehnjähriger – an sämtliche Details ihres Lebens erinnern.
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#19

Beitrag von Macmacfriend »

Pablito hat geschrieben: So 23. Jul 2023, 00:00 Würde mich ja mal interessieren, ob man den Cache mal irgendwie löschen könnte oder wie er von selbst reduziert wird.
Sobald man die Position eines solchen Caches kennt, sofern überhaupt existent, wäre sein Löschen neurochirurgisch sicher leicht machbar.   ;)

Ohne Trepanation wird es komplizierter: Das Gehirn sortiert seinen täglichen Input ständig, besonders im Schlaf. Dabei entscheidet sich, welche Sinneseindrücke, Gedanken und Gefühle als erhaltenswert in den Gedächtnisarealen gespeichert oder aufgrund ihrer Intensität direkt in den Mandelkern eingebrannt werden. Auf diese Prozesse haben wir jedoch keinen willentlichen Einfluss. Sie beginnen die Neurowissenschaften erst langsam zu begreifen.

Möglich ist aber das Herstellen neuer neuronaler Verbindungen durch verschiedene Arten der Psychotherapie, was man grob mit dem Umprogrammieren einer Software vergleichen könnte. Hierdurch lässt sich Verhalten ändern und im Idealfall eine Psychose heilen, leider aber nicht dein schlechtes Sehen.
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#20

Beitrag von Swissorion »

Gehirnwäsche ?
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